
Zur Bundestagswahl: Nationales Wahlrecht im EU-Vergleich: Rumänien und Portugal besonders repräsentativ?
Anlässlich der Neuwahl am 23. Februar haben wir uns die Wahlen und das Wahlrecht in den 27 EU-Mitgliedsstaaten angesehen, um einen Überblick über die demokratischen Wahlen in der gesamten Europäischen Union zu erhalten und unser deutsches Wahlsystem mit den Wahlsystemen unserer Nachbarn und Partner zu vergleichen. Dabei vergleichen wir Regelungen zum Mindestalter, Briefwahlen, Einbürgerungen und Wahlrecht sowie das Verhältnis von Wahlberechtigten zur Gesamtbevölkerung.
Verhältnis Wahlberechtigte und Gesamtbevölkerung: Sind Wahlen in Portugal und Rumänien besonders repräsentativ?
Das Verhältnis von Wahlberechtigten zur Gesamtbevölkerung kann ein interessanter Hinweis auf mögliche Unterschiede in der politischen Repräsentation sein. Hier fallen Portugal und Rumänien auf: In Portugal beträgt das Verhältnis 0,96, was impliziert, dass eine Wählerstimme für 0,96 Personen “mitbestimmt”. In Rumänien beträgt dieses Verhältnis 0,97. In beiden Ländern ist die Gesamtbevölkerung also niedriger als die Anzahl der Wähler:innen, was auch eine höhere Anzahl an Auslandswähler:innen bedeutet. Das drittniedrigste Verhältnis beträgt 1,02 und konnte in Griechenland und Bulgarien ermittelt werden. Kroatien und Ungarn landen auf Platz vier und fünf bei einem Verhältnis von 1,10 und 1,18.
Zum Vergleich: Deutschland hat ein Verhältnis von 1,38, Platz 18.
Das unausgeglichenste Verhältnis von Wähler:innen zur Gesamtbevölkerung haben wir derweil in Zypern und Luxemburg festgestellt, bei 2,43 und 2,35.
Einbürgerung und Wahlrecht: Im Schnitt dauert die Erlangung sieben Jahre
Im Schnitt dauert die Einbürgerung in EU-Ländern 6,92 Jahre, erst dann sind die Menschen in dem jeweiligen Land dann auch wahlberechtigt – in Polen geht es mit drei Jahren dabei am schnellsten. In zehn Ländern, darunter auch Deutschland, dauert der Prozess mindestens fünf Jahre. Weitere Länder sind unter anderem Bulgarien, Malta, Frankreich und die Niederlande. Am längsten dauert es mindestens zehn Jahre, und zwar unter anderem in Spanien, Slowenien und Österreich. In Estland, Finnland, Kroatien und einigen anderen Ländern dauert es mit acht Jahren ebenfalls überdurchschnittlich lang.
Wichtig für Wahlbeteiligung und Inklusivität: Briefwahlen und niedrigeres Mindestalter für die Wahlberechtigung
Um Wahlen besonders inklusiv zu gestalten, sind Briefwahlen wichtig, denn diese ermöglichen es, unabhängiger von Ort und Zeit an einer Wahl teilzunehmen. Auch ein niedrigeres Mindestalter für die Wahlberechtigung ist wichtig, um mehr Bürger:innen eines Landes teilhaben zu lassen.
In insgesamt 17 von 27 Ländern, darunter Deutschland, Österreich, Portugal, Litauen und Ungarn sind Briefwahlen, teilweise unter Berücksichtigung bestimmter Regelungen, möglich. In den anderen zehn Ländern sind Briefwahlen nicht möglich, darunter Bulgarien, Kroatien, Estland und Belgien. Allerdings besteht in Estland die Möglichkeit, online bei der Wahl des Europaparlaments abzustimmen.
Wesentlich seltener ist das Wahlrecht für Bürger:innen unter 18. Lediglich in Malta und Österreich ist man bereits ab 16 wahlberechtigt.